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Schweinezyklus oder dauerhafter downturn?

Experten beschreiben auch den M&A Markt mit dem Begriff Schweinezyklus.
Das Konsumverhalten in der Coronakrise macht den Begriff deutlich:
Stufe 1: Klopapier weg, da komplett aufgekauft, anschließend
Stufe 2: Pleite von Hakle wegen Energiekosten und fehlender Nachfrage
Stufe 3: Neustart als Jung Papier GmbH,
Stufe 4: …?

Ähnlich läuft es gerade beim Neubau: Wohnungsnot durch Wohnungsknappheit und hohe Mieten in Ballungsgebieten. Die Politik konterkariert ihre neu aufgelegte Wohnungsbauförderung durch Mietpreisdeckel bei zugleich steigenden Kreditzinsen und Baupreisen.
Folge: Noch größere Wohnungsnot mit Auswirkungen weit über das Baugewerbe hinaus. Irgendwann (vielleicht im Juli) sinken die Zinsen wieder, die Baupreise entspannen sich, es wird wieder mehr gebaut …

Übertragbarkeit auf Unternehmenswerte?

Nach dem Zusammenbruch des M&A Marktes in 2020 mit etwa 50% Transaktionsvolumen im Vergleich zur Vor-Coronazeit stiegen Volume und Value in den nächsten 2 Jahren wieder an (Nachholeffekte = Schweinezyklus?) um in 2023 mit Krieg, Energiekrise und Inflation wieder stark zurückzugehen. Zumindest die erste Jahreshälfte 2024 scheint ebenfalls von großer Zurückhaltung geprägt, so dass viele Transaktionen nicht zum Wunschpreis oder eben auch gar nicht stattfinden.

Gravierende und langfristige Änderungen von Geschäftsmodellen mit einhergehenden Umsatz- und Ertragsveränderungen werden sich dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgend, sicher im Transaktionspreis niederschlagen. Die Frage, die sich bei der Unternehmensbewertung stellt, ist jedoch nicht zwingend die nach dem aktuell möglichen Verkaufspreis – man könnte eher strategisch am mittel- bis langfristigen Unternehmenswert ansetzen.

Hierbei gibt es einige namhafte Vorbilder:

  1. Der FAUB
    (Fachausschuss für Betriebswirtschaft des Instituts der Wirtschaftsprüfer).

Der Diskontierungszins zukünftiger Cash Flows ist u.a. durch einen von der Bundesbank berechneten risikofreien Basiszins einerseits und durch eine risikobehaftete Marktrisikoprämie (MRP) andererseits definiert. Die MRP zeigt den Aufschlag, den beispielsweise ein Aktionär im Vergleich zu einer Bundesanleihe fordert.
Der FAUB hat die MRP selbst in Zeiten höchster Marktvolatilität nur sehr geringfügig angepasst, weil er den langfristigen Gesamtzins im Auge hat. (Anpassung am 22.10.2019 von 5,5-7% auf 6-8% vor persönlichen Steuern.

Der sogenannte „Terminal Value“, der in Phase 3 einer IDW S1 Bewertung meist mehr als 70% des Gesamtwertes ausmacht, beziffert eine „ewige Rente“ im Gleichgewichtszustand eines Unternehmens und orientiert sich daher gar nicht an kurzfristigen Werteänderungen eines Unternehmens.

2. Normalisierte Werte

Eine Bewertung sollte immer auf „normalisierten“ Werten basieren und alle nicht wiederkehrend prognostizierbaren Einmaleffekte außen vorlassen. So ist es nicht verwunderlich, dass einige Bewerter ihre Extrapolation nur auf gewichteten Durchschnittswerten der Vergangenheit aufbauen, dies ist auch die Vorgehensweise des AWH Verfahrens, das bei der Bewertung von Handwerksunternehmen zum Einsatz kommt.

3. Modifiziertes Ertragswertverfahren

Modifizierte Ertragswertverfahren, wie sie von der Steuerberaterkammer für Steuerberater, Anwälte oder Ärzte empfohlen werden – also für eigentlich alle Kleinstbetriebe, bei denen die aktive Mitarbeit des Chefs unabdingbar ist – verwenden nur wenige Jahre zur Diskontierung der zuvor prognostizierten Erträge. Kurzfristige Konjunkturzyklen dürfen daher keinen prägenden Charakter bei der Bewertung erlangen – vielmehr kommt dem angesammelten Kapital eine stabilisierende Rolle zu.

4. Bewertungsgesetz

Etwas vereinfacht ausgedrückt errechnet das Bewertungsgesetz den Jahresüberschuss mal 13,75 um einen Unternehmenswert zu berechnen.
Auch dieser Faktor ist seit einigen Jahren fix.

Finanzmultiplikatoren

Das Marktgeschehen bildet mit Finanzmultiplikatoren für EBIT, EBITDA oder Umsatz eine tendenziell vergangenheits- und zeitpunktbezogene Bewertung an.

Diese Multiplikatoren unterliegen stärkeren Schwankungen, jedoch scheinen diese weniger von Konjunkturzyklen als von den jeweiligen Branchen und Unternehmensgrößen abzuhängen. So hat sich der EBIT Multiple für Unternehmen im Maschinenbau mit einem Umsatz unter 50 Mio. Euro wie folgt geändert:

Quelle: Finanzmagazin

Was bedeuten diese Änderungen?

Obwohl der Einfluss unterschiedlicher Multiplikatoren durchaus eine 7 stellige Wirkung auf den Unternehmenswert haben kann, stellt sich die Frage, ob langfristige Tendenzen stärker berücksichtigt werden sollten als periodische Änderungen.

Wie man sieht, erreichen die Maschinenbaudaten mit einem negativen Trend in 2024 ihren Tiefstand.

Der Maschinenbau und seine Zulieferer müssen die digitale Transformation möglichst bald schaffen, um dem zunehmenden Wettbewerbsdruck ausländischer Anbieter und der aktuellen wirtschaftlichen Abschwächung zu trotzen, dann könnte diese deutsche Schlüsselbranche den Turnaround spätestens in 2025 schaffen.

Eine Kehrtwende setzt allerdings nicht nur digitale Integration und Automatisierung sondern auch betriebswirtschaftliche Transparenz voraus – hier sind Kostenrechnung und Liquiditätsplanung gleichauf zu nennen, um im Geschäftsfeldmix zum „last man standing“ zu werden.

Fazit:

Bei der Bewertung von Unternehmen sind es eher Trendentwicklungen als ein Schweinezyklus der als Werttreiber zu erkennen wäre. Aktuell weisen etliche Zeichen in Richtung eines Abschwungs, aber es gibt sie, die versteckten Nuggets in einer Branche. Diese Unternehmen mit langfristig erfolgreichen Geschäftsmodellen dürften bei einem Aufschwung diejenigen sein, die auch die erwünschten Verkaufspreise realisieren können.

Licht am Ende des Tunnels?

Der ZEW Report sieht anders als die meisten Wirtschaftsauguren in seinem neuesten Report schon wieder einen Hoffnungsschimmer.

ZEW Konjunkturerwartung
ZEW Konjunkturerwartung

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